Instabile Schulter? Die besten Übungen bei Schulterinstabilität

Hast du eine instabile Schulter und fragst dich, was du dagegen machen kannst? Dann bist du hier genau richtig. In diesem Artikel gebe ich dir wichtiges Wissen mit an die Hand und zeige dir die besten Übungen für deine Reha.

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Was ist eine Schulterinstabilität?

Ganz grundlegend heißt das erst mal, dass die Position des Oberarmkopfes verändert ist und dieser nicht in der vorhergesehenen Kerbe des Schulterblatts drinbleibt, wodurch Symptome ausgelöst werden.

Es gibt verschiedene Arten, eine Instabilität der Schulter einzuteilen (Stanmore-Dreieck nach Lewis et al. 2004). Aber um es möglichst einfach zu halten, lass uns in zwei Kategorien unterteilen:

Typ 1: Instabilität mit Trauma

Durch ein Trauma, wie einen Sturz, kugelt sich die Schulter komplett oder teilweise aus. Man spricht dann von einer sogenannten Schulterluxation.

In 95 % der Fälle kugelt sich die Schulter nach vorne aus (Monk et al. 2013). Es kann aber auch eine Luxation nach unten oder nach hinten entstehen.

Wenn die Schulter tatsächlich auskugelt, dann geht das in der Regel mit strukturellen Verletzungen von Bändern, der Gelenkkapsel oder dem Labrum (Gelenklippe) einher. Nur um mal ein paar Beispiele zu nennen (eine Bankart Läsion, ein Riss der Rotatorenmanschette, eine Hill-Sachs Läsion etc.)

Typ 2: Instabilität ohne Trauma

Hier gab es eben kein akutes Trauma, das zu dieser Instabilität geführt hat. Es sind dann eher viele, viele Belastungen, die auf das Schultergelenk einwirken und dann im Laufe der Zeit dazu geführt haben, dass Veränderungen im Gewebe stattgefunden haben und die Schulter jetzt nicht mehr so gut sitzt.

Es gibt noch eine dritte Kategorie, welche auf Personen zutrifft, die einfach so ihre Schulter auskugeln können, OHNE Schmerzen zu haben. Also auch ohne Trauma und ohne strukturellen Schaden.

Wie stellt man eine Schulterinstabilität fest?

Die Methode der Wahl ist ein bildgebendes Verfahren wie Rönten oder MRT. Ansonsten gibt es auch noch ein paar manuelle Tests, die gemacht werden können. Wenn es dich genauer interessiert, dann gib einfach mal: Apprehension Test, Relocation Test oder Release Test ein (Van Kampen et al. 2013).

Instabile Schulter – Therapie

Fangen wir mit der traumatischen Instabilität an. Bei jüngeren, sportlich aktiven Menschen wird hier tatsächlich eher dazu geraten, das Gelenk operativ zu versorgen. Das zeigt die aktuelle Übersichtsarbeit von Nazzal et al. (2023).

Eine Instabilität der Schulter ohne Trauma wird in der Regel erst dann operiert, wenn alle konservativen Methoden (also Übungen und co.) gescheitert sind. Aktuelle Studien, wie die von Jaggi et al. zeigen, dass hier eine konservative Therapie (also keine OP) genauso gut funktioniert, wie eine Operation.

Instabile Schulter - Jaggi et al. 2023
Vergleich zwischen OP und Schein-OP (Jaggi et al. 2023)

Selbstverständlich soll das jetzt kein Ratschlag sein, ob du dich operieren lassen sollst oder nicht. Diese Entscheidung sollte immer individuell betrachtet werden. 

Aber unabhängig davon, wird die Reha ziemlich ähnlich aussehen.

Zu Beginn wirst du Übungen machen, die:

  • In einem geringeren Bewegungsradius stattfinden
  • Eine geringere Intensität haben
  • Langsamer ausgeführt werden
  • Eine geringe Komplexität haben

Dann wirst du immer mehr an deiner Beweglichkeit arbeiten und die Intensität, das Tempo und die Komplexität der Übungen erhöhen.

Ganz wichtig: Ich werde dir jetzt ein paar Übungen vorstellen. Du musst dich dann letztendlich einfach fragen, wie belastbar deine Schulter für deine Aktivitäten sein muss.

Wenn du einfach wieder fit für den Alltag sein willst, dann wirst du definitiv nicht alle Übungslevel erreichen müssen. Wenn du stattdessen zurück in einen Sport willst, der schnelle, hochintensive und komplexe Belastungen von der Schulter abverlangt, dann werden die Übungen für dich sehr wichtig sein. 

Am Anfang geht es erstmal darum, dass du die Beweglichkeit wieder aufbauen möchtest. Wie vorhin erwähnt, haben 95 % der Leute eine vordere Instabilität der Schulter. Deswegen ist es sehr wahrscheinlich, dass du mit der Streckung und Außenrotation der Schulter etwas länger brauchen wirst, weil sich der Oberarmkopf bei diesen Bewegungen nach vorne bewegt. Das kann genau dieses Instabilitätsgefühl oder Schmerzen auslösen. Deshalb solltest du hier vorsichtig rangehen.

Die besten Übungen bei einer Schulterinstabilität.

Level 1: Beweglichkeit

  1. Flexion (Mit Stab oder an einer Bank)
  2. Extension (Mit Stab)
  3. Außenrotation (Mit Stab)
  4. Innenrotation (Bodyweight, dann mit Gewicht)

Hier kannst du mit 3 Sätzen à 30s bzw. 15 Wiederholungen pro Übung arbeiten. Was die Häufigkeit angeht, kannst du diese Übungen tatsächlich täglich machen.

Level 2: Stabilität

  1. Vierfüßlerstand
  2. Scapula Push-Up
  3. Side Plank
  4. Side Plank Rotation

Auch hier würde ich 3 Sätze à 30s bzw. 15 Wiederholungen pro Übung anpeilen. Die Übungen würde ich 3-5x pro Woche machen.

Level 3: Kraft

Hier kannst du deine Standard-Kraftübungen für den Oberkörper machen.

  1. Rudern
  2. Bankdrücken
  3. Latzug
  4. Schulterdrücken

Hier noch eine wichtige Sache. Ich würde dir empfehlen, die Übungen zumindest am Anfang mit Kurzhanteln bzw. einarmig auszuführen. Oft ist es nämlich so, dass du für Übungen mit der Langhantel oder einem stangenförmigen Griff mehr Außenrotation in der Schulter brauchst. Das kann am Anfang Probleme machen.

Außerdem würde ich dir empfehlen, mit horizontalen Übungen anzufangen. Also mach zuerst Übungen wie Rudern und Bankdrücken, bevor du vertikale Übungen machst wie, Latziehen und Schulterdrücken.

In Bezug auf die Satz- und Wiederholungszahl würde ich hier mit 3 Sätzen à 15 Wiederholungen starten und mich dann langsam nach unten arbeiten: Sprich 3×12, dann 3×10, dann 3×8 und dann vielleicht sogar 3×6.

Diese Übungen würde ich 2-3x pro Woche machen.

Level 4: Plyometrische Übungen

Diese Kategorie von Übungen ist wie gesagt wichtig bei Kontaktsportarten, oder bei Sportarten, die schnelle, hochintensive Bewegungen der Schulter abverlangen.  

  1. Fallende Liegestütze
  2. Plyometrische Liegestütze
  3. Ball Drops
  4. Ball Dribbles

Hier würde ich mit 3 Sätzen à 4-8 Wiederholungen arbeiten, was die Liegestützvariationen angeht. Bei den Ballübungen würde ich dir 3 Sätze à 30-60 Sekunden empfehlen.

Eine weitere beliebte Übung ist das aufrechte Rudern. Oftmals wird behauptet, dass die Übung zu Schulterschmerzen führt. Lies dir gerne meinen Artikel “Schmerzen in der Schulter durch aufrechtes Rudern” durch, in dem ich die Behauptung wissenschaftlich überprüft habe.


Literatur

  • Jaggi, A., Herbert, R. D., Alexander, S., Majed, A., Butt, D., Higgs, D., Rudge, W., & Ginn, K. A. (2023). Arthroscopic capsular shift surgery in patients with atraumatic shoulder joint instability: a randomised, placebo-controlled trial. British journal of sports medicine57(23), 1484–1489. https://doi.org/10.1136/bjsports-2022-106596
  • Lewis, A., Kitamura, T., & Bayley, J. I. L. (2004). (ii) The classification of shoulder instability: new light through old windows!. Current Orthopaedics18(2), 97-108.
  • Monk, A. P., Garfjeld Roberts, P., Logishetty, K., Price, A. J., Kulkarni, R., Rangan, A., & Rees, J. L. (2015). Evidence in managing traumatic anterior shoulder instability: a scoping review. British journal of sports medicine49(5), 307–311. https://doi.org/10.1136/bjsports-2013-092296
  • Nazzal, E. M., Herman, Z. J., Engler, I. D., Dalton, J. F., Freehill, M. T., & Lin, A. (2023). First-time traumatic anterior shoulder dislocation: current concepts. Journal of ISAKOS : joint disorders & orthopaedic sports medicine8(2), 101–107. https://doi.org/10.1016/j.jisako.2023.01.002
  • van Kampen, D. A., van den Berg, T., van der Woude, H. J., Castelein, R. M., Terwee, C. B., & Willems, W. J. (2013). Diagnostic value of patient characteristics, history, and six clinical tests for traumatic anterior shoulder instability. Journal of shoulder and elbow surgery22(10), 1310–1319. https://doi.org/10.1016/j.jse.2013.05.006

Gino Lazzaro

Gino hat einen Master Abschluss in Sportphysiotherapie. Er arbeitet über seine Firma Perform Perfect intensiv mit Sportler:innen zusammen, die ihre Schmerzen nicht loswerden. Außerdem bildet er in seinem Classroom motivierte Therapeut:innen und Trainer:innen aus.