Die besten Übungen für die tiefe Rumpfmuskulatur (UNBEKANNT)

Vergiss Sit-Ups, Planks und Co. In diesem Artikel erfährst du, was die besten Übungen für die tiefe Rumpfmuskulatur sind.

YouTube Video
Schau dir das ausführliche Video zu diesem Artikel an.

Was sind die tiefen Rumpfmuskeln überhaupt?

  • Transversus abdominis: Dieser Muskel umschließt den Bauch wie ein Gürtel und ist maßgeblich an der Stabilität des Rumpfes beteiligt.
  • Multifidus bzw. Multifidii (Plural): Diese Muskeln liegen entlang der Wirbelsäule und unterstützen deren Stabilisierung.
  • Zwerchfell: Das Zwerchfell ist primär für die Atmung zuständig, spielt aber auch eine wichtige Rolle für die Rumpfstabilität.
  • Beckenbodenmuskulatur: Diese Gruppe von Muskeln unterstützt die Beckenorgane und trägt zur Stabilität des unteren Rumpfes bei.
  • Erector spinae (Rückenstrecker): Auch wenn der Erector spinae oft zur globalen Rückenmuskulatur gezählt wird, tragen seine tiefen Anteile zur Stabilisierung der Wirbelsäule bei.

Welche Übungen zur Stärkung der Rumpfmuskulatur werden bisher gemacht?

  • Bird Dogs (Vierfüßlerstand, Arme und Beine werden diagonal zueinander gestreckt)
  • Glute Bridges (Hüfte heben, Gewicht auf den Fersen)
  • Plankvariationen (Unterarmstütz, Ellenbogen gebeugt)

Wie können wir den Rumpf effektiver trainieren?

Lass uns erst mal fragen, welche Funktion diese Muskeln überhaupt haben. Wir sollten nämlich Übungen raussuchen, die diese Funktionen ganz speziell progressiv belasten. Folgend habe ich dir einmal aufgelistet, wie wir das für die einzelnen Muskeln erreichen:

Transversus abdominis:

  • Rumpfrotation zur gleichen Seite (bei einseitiger Anspannung)
  • Ausatmung und Erhöhung des Drucks im Bauchbereich (bei beidseitiger Anspannung)

Multifidii:

  • Rumpfrotation zur anderen Seite (bei einseitiger Anspannung)
  • Seitneigung zur selben Seite (bei einseitiger Anspannung)
  • Streckung der Wirbelsäule (bei beidseitiger Anspannung)

Zwerchfell:

  • Einatmung

Beckenboden:

  • Sicherung der Lage von Bauch- und Beckenorganen

Erector Spinae:

  • Rotation und Seitneigung der Wirbelsäule (bei einseitiger Anspannung)
  • Streckung der Wirbelsäule (bei beidseitiger Anspannung)

Und wenn man sich jetzt die Studienlage dazu anschaut, kommen wir sehr schnell zu folgendem Ergebnis:

Die Rumpfübungen, die bisher gemacht werden, sind von ihrer Intensität viel zu gering, um die tiefen Rumpfmuskeln nachhaltig zu kräftigen. Das zeigen zum Beispiel die Studien von Souza et al. 2001 und Ekstrom et al. 2007.

Souza et al. haben sich zum Beispiel den Dead Bug und den Bird Dog angeschaut. Dabei sind sie zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Übungen die tiefen Rumpfmuskeln nur unter 40 % aktivierten.

Ekstrom et al. haben in ihrer Studie auch andere typische Übungen für den Rumpf angeschaut, wie die Glute Bridge, die einbeinige Glute Bridge, den Plank und den Side Plank. Und sie sind auch zu ähnlich niedrigen Werten für die Muskelaktivität gekommen.

Übungen für die tiefe Rumpfmuskulatur - Untersuchung von Ektstrom et al.
Ekstrom et al. 2007.

Ansonsten gibt es auch noch die Studie von Danneels et al. 2001, die sich Leute mit chronischen Rückenschmerzen angeschaut haben. Sie konnten feststellen, dass die Standard-Rumpfübungen keinen Muskelzuwachs in den Multifidii verursacht haben.

Statt einem spezifischen Workout für die Rumpfmuskeln empfehlen sie progressives Krafttraining auf dynamische und statische Art und Weise auszuführen.

Das ist auch schon die perfekte Überleitung zu den Übungen, die ich dir empfehlen würde. Die Lösung ist nämlich so unglaublich simpel, dass die meisten Leute es nicht wahrhaben wollen:

Die Grundübungen aus dem Krafttraining progressiv mit Gewichten steigern.

Wenn wir uns jetzt nochmal die Funktionen der tiefen Rumpfmuskeln anschauen, brauchen wir:

  1. Streckung der Wirbelsäule (Multifidii, Erector Spinae)
  2. (Anti-)Rotation der Wirbelsäule
  3. (Anti-)Seitneigung der Wirbelsäule
  4. Bracing (anspannen von innen)

Übungen für die tiefe Rumpfmuskulatur und eine bessere Rumpfstabilität.

Dazu stelle ich dir in jeder Kategorie mal ein paar Kraftübungen vor, die du schön, progressiv und objektiv messbar steigern kannst.

Das Schöne an den Übungen ist, dass du dadurch nicht nur deine Rumpf- und Bauchmuskeln kräftigst, sondern auch an Muskulatur im Oberkörper und den Beinen aufbaust. Schau’ dir gerne das YouTube Video an, um die Übungen zu sehen.

  1. Streckung der Wirbelsäule
  • Deadlift
  • Bent-Over Row (BB)
Übungen für die tiefe Rumpfmuskulatur - Bent over Rows
  1. (Anti-)Rotation der Wirbelsäule
  • Stability Lift / Chop
  • Pallof Press
  • Weighted Russian Twist
  • Push-Pull Rotation Kabelzug
  1. (Anti-)Seitneigung der Wirbelsäule
  • Suitcase Carry
  • Unilaterales Schulterdrücken
  • Split Squat (1 Arm)
  1. Bracing
  • Kniebeuge
  • Schulterdrücken

Weißt du, warum die Leute das nicht wahrhaben wollen? Weil das nicht fancy ist und weil es SUPER SCHWER IST!

Klar, wenn du aktuell sehr starke Schmerzen hast und die Grundübungen nicht machen kannst, dann mach gerne erst die klassischen Rumpfübungen.

Aber bei diesen eher einfachen Übungen soll es eben nicht bleiben, wenn dein Ziel ist, die tiefe Rumpfmuskulatur optimal zu kräftigen.

Und ich sage auch nicht, dass man die Basic Übungen für die Rumpfmuskulatur nicht machen soll oder dass sie unnötig sind! Auf gar keinen Fall. Ich stelle nur infrage, ob sie so gut darin sind, die tiefe Rumpfmuskulatur zu kräftigen.

Jetzt noch eine Frage an dich:

Warum willst du die tiefe Rumpfmuskulatur überhaupt kräftigen? Weil du Rückenbeschwerden hast und dir gesagt wurde, dass du als Maßnahme deine Körpermitte stabilisieren sollst?

Es gibt Studien, wie die von Hodges & Danneels 2019, die zeigen, dass die tiefe Rumpfmuskulatur abbaut, wenn man Rückenbeschwerden hat.

Aber das heißt noch lange nicht, dass die Reha jetzt super kompliziert sein muss und diese Muskeln ganz isoliert in extra Workouts auftrainiert werden müssen.

Außerdem sollten wir uns in der Reha von Rückenschmerzen sowieso nicht auf einzelne Muskeln konzentrieren, weil das eine sehr eindimensionale Betrachtungsweise ist.

Ich hoffe, der Artikel hat dir ein besseres Verständnis dafür gegeben, wann du welche Übungen für die tiefe Bauchmuskulatur machen solltest.

Ein weiteres Thema, über das häufig diskutiert wird, ist die Relevanz von Beweglichkeitstraining. Falls du dich fragst, ob dehnen nun wichtig oder eher unnötig ist, lies dir gerne diesen Artikel durch, in dem ich die Thematik wissenschaftlich überprüft habe.


Literatur

  • Danneels, L. A., Vanderstraeten, G. G., Cambier, D. C., Witvrouw, E. E., Bourgois, J., Dankaerts, W., & De Cuyper, H. J. (2001). Effects of three different training modalities on the cross sectional area of the lumbar multifidus muscle in patients with chronic low back pain. British journal of sports medicine35(3), 186–191. https://doi.org/10.1136/bjsm.35.3.186
  • Ekstrom, R. A., Donatelli, R. A., & Carp, K. C. (2007). Electromyographic analysis of core trunk, hip, and thigh muscles during 9 rehabilitation exercises. The Journal of orthopaedic and sports physical therapy37(12), 754–762. https://doi.org/10.2519/jospt.2007.2471
  • Hodges, P. W., & Danneels, L. (2019). Changes in Structure and Function of the Back Muscles in Low Back Pain: Different Time Points, Observations, and Mechanisms. The Journal of orthopaedic and sports physical therapy49(6), 464–476. https://doi.org/10.2519/jospt.2019.8827
  • Souza, G. M., Baker, L. L., & Powers, C. M. (2001). Electromyographic activity of selected trunk muscles during dynamic spine stabilization exercises. Archives of physical medicine and rehabilitation82(11), 1551–1557. https://doi.org/10.1053/apmr.2001.26082

Gino Lazzaro

Gino hat einen Master Abschluss in Sportphysiotherapie. Er arbeitet über seine Firma Perform Perfect intensiv mit Sportler:innen zusammen, die ihre Schmerzen nicht loswerden. Außerdem bildet er in seinem Classroom motivierte Therapeut:innen und Trainer:innen aus.